Konkurrenz belebt das Geschäft?
Konkurrenz belebt das Geschäft! Dieser Satz fällt meist, wenn ein neuer Mitbewerber auf den Plan tritt und die etablierten Akteure aufrüttelt, da sie um den bisherigen Status in ihrem Marktsegment fürchten müssen. Die verschärfte Konkurrenz verspricht neue Dynamik und Weiterentwicklung.
Die ökonomische Theorie bestätigt das: Treten viele Wettbewerber auf den Plan, kommt es zu einem Angebotsüberhang. In diesem Fall steht dem Warenangebot der Hersteller lediglich ein begrenztes Abnahmeinteresse der Nachfrager gegenüber. Die Anbieter müssen folglich um die Gunst der Nachfrager konkurrieren und ihre eigene Wettbewerbsfähigkeit erhöhen, indem sie ihre Erzeugnisse zu einem niedrigeren Preis als die Mitbewerber anzubieten oder eine Qualitätssteigerung erzielen. Diese potenziellen Verbesserungen sind es, die den Wettstreit der Anbieter aus gesamtwirtschaftlicher Sicht erstrebenswert machen. Das Konkurrenzverhältnis der Anbieter lässt eine stetige Steigerung der wirtschaftlichen Produktivität erwarten.
So viel zur Theorie. Doch wurde im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise nicht immer wieder eine ums sich greifende Gier unter den Akteuren angeprangert? Die wirtschaftlichen Erfolgsbedingungen, die von Konkurrenz und Wettbewerb geprägt sind, geraten hierbei als erste unter Verdacht. Nun ließe sich demgegenüber freilich einwenden, dass die Folgewirkungen des Konkurrenzstrebens wenig erfreulich, aber dennoch vorteilhaft sind, da sie für anhaltende wirtschaftliche Produktivität und Wohlstand sorgen. An der grundsätzlichen Ausrichtung des Wirtschaftsgeschehens gibt es daher nichts auszusetzen. Lediglich die schlimmsten Auswüchse sollten durch strengere Regulierungen und Kontrollen eingedämmt werden.
Nun ist es aber keinesfalls gewiss, dass sich das Konkurrenz- und Wettbewerbsprinzip tatsächlich derart positiv auf die wirtschaftliche Produktivität auswirkt. Konkurrenz wird für Gewöhnlich als Ansporn aufgefasst, die eigene Leistung zu verbessern. Die Aussicht auf (finanzielle) Belohnung, die Lust am Gewinnen und mitunter auch die Furcht vor Verlusten spielen hierbei eine entscheidende Rolle. Finden sich demgegenüber aber nicht auch Fälle, in denen es ohne Konkurrenzdruck zu außergewöhnlichen Leistungen kommt? Fälle, in denen gerade aus der Zusammenarbeit verschiedener Akteure hervorragende Ergebnisse resultieren? Und sind es nicht gerade diese Fälle, in denen die Motivation und Tatkraft der Beteiligten besonders groß ist? Unter kooperativen Bedingungen können Entwicklungen durch die Interaktion zahlreicher Akteure vorangetrieben werden. Die produktive Dynamik wird hierbei aus dem gegenseitigen Austausch von Ideen und Know-how unter den Beteiligten hervorgerufen. Auf diese Weise können verschiedene Beiträge zur Geltung kommen und sich wechselseitig informieren, was unter Konkurrenzbedingungen nicht im selben Maße möglich wäre.
Handelt es sich hierbei nun um ein unrealistisches Gedankenspiel? Nein, denn mit Blick auf die Open-Source-Bewegung wird deutlich, welches Potenzial in einer auf Kooperation ausgerichteten Produktions- und Wirtschaftsweise steckt. Hier arbeiten zahlreiche Experten gemeinsam an Softwareprojekten, anstatt um die beste Lösung zu wetteifern und erzielen hierdurch ausgezeichnete Ergebnisse. Wirtschaftliche Produktivität scheint also nicht notwendig auf Konkurrenz und Wettbewerb zu basieren. Vor diesem Hintergrund erscheint es wirtschaftlich durchaus vielversprechend, wenn Unternehmen in Zukunft vermehrt nach Kooperationsmöglichkeiten Ausschau halten – auch innerhalb der eigenen Branche.
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