Projektmanagement: Mit Realismus zum Erfolg
Jeder hat es wahrscheinlich schon einmal erlebt: Ein vielversprechendes Projekt ruft große Begeisterung hervor. Die Beteiligten sind voller Tatendrang und entwickeln einen ausgeklügelten Plan zur Realisierung des angestrebten Ziels. Zu Beginn schreitet die Umsetzung des Plans zügig voran, so dass die Finalisierung des Projekts in greifbarer Nähe erscheint. Doch dann treten auf einmal Schwierigkeiten und Hindernisse auf, die der Umsetzung des Projekts im Wege stehen. Nach Phasen der Unwägbarkeit wird die Sache schließlich zu Ende gebracht – wobei unter dem Strich die Erkenntnis steht, dass alles deutlich teurer wurde und länger gedauert hat, als anfänglich gedacht.
Diese Erzählung existiert in unzähligen Varianten, gleich ob es um private Anschaffungen, große Bauprojekte oder unternehmerische Entwicklungsabsichten geht. Doch woran liegt es, dass Projekte verschiedener Art den vorgesehenen Rahmen sprengen? Laut der Einschätzung des Psychologen Daniel Kahneman ist dieser Umstand auf einen sogenannten Planungsfehlschluss zurückzuführen. Dieser besteht grundlegend darin, dass die Beteiligten den Verlauf des jeweiligen Projekts im Voraus zu optimistisch einschätzen. Ein wesentlicher Grund hierfür ist sicherlich, dass bekannte Schwierigkeiten nicht ausreichend berücksichtigt werden. So täuschen etwa anfängliche Begeisterung und erste Erfolge gerne darüber hinweg, dass sich das hohe Arbeitspensum der Beteiligten nicht über die gesamte Dauer des Projekts aufrechterhalten lässt. In manchen Fällen mögen die Erwartungen auch vorsätzlich beschönigt werden, um Entscheidungsträger zu einer Bewilligung der Projektmittel zu bewegen.
Deutlich schwerer als das Unterschätzen von bekannten Schwierigkeiten wiegt in diesem Zusammenhang jedoch, dass die Möglichkeit von ungeahnten Schwierigkeiten im Laufe des Projekts übersehen wird. Diese Gefahr wird insbesondere offenkundig, wenn anstelle der Innenperspektive eine Außenperspektive auf das Projekt eingenommen wird. Während aus dem Blickwinkel der Innenperspektive die vielen Einzelteile des Projekts betrachtet werden, wird mit der Außenperspektive der Fokus darauf gelegt, wie sich ähnliche Unternehmungen entwickelt haben. In diesem Sinne werden etwa die Kostensteigerungen oder Verzögerungen ermittelt, die in der Vergangenheit im Zusammenhang mit Projekten derselben Art aufgetreten sind. Hierbei handelt es sich um gute Anhaltspunkte für die Unwägbarkeiten, denen das eigene Vorhaben ausgesetzt ist.
Vor diesem Hintergrund empfiehlt sich daher gemäß den Ausführungen von Bent Flyvbjerg, internationaler Experte für das Management von Großprojekten, folgende Vorgehensweise: Zunächst gilt es eine Reihe von Projekten zu identifizieren, die der Art des eigenen Vorhabens entsprechen, wobei diese eine Referenzklasse bilden. Die statistischen Werte dieser Referenzklasse, wie etwa die durchschnittliche Kostensteigerung oder Verzögerung, gilt es nun auf die geplanten Rahmenbedingungen des eigenen Projekts anzuwenden. Auf diese Weise ergibt sich eine erste Prognose für den zu erwartenden Projektverlauf. Diese lässt sich unter Rückgriff auf die speziellen Voraussetzungen des eigenen Vorhabens schließlich nach oben oder unten anpassen. Wenn etwa davon auszugehen ist, dass die Fähigkeiten der Beteiligten im Vergleich zu denen der anderen Teams überdurchschnittlich ausfallen, erscheint es sinnvoll, die zu erwartende Realisierungsdauer nach unten zu korrigieren. Hieraus geht schließlich eine fundierte Einschätzung bezüglich des zu erwartenden Einsatzes für das Projekt hervor.
Zwei wichtige Handlungsimplikationen für die Planung und Durchführung von (Groß-)Projekten werden hierdurch ersichtlich. Zum einen gilt es vor Projektbeginn stets die Informationen zu berücksichtigen, die sich aus der Außenperspektive ergeben. Auf diese Weise gelangt man zu wesentlich realistischeren Einschätzungen hinsichtlich der Rahmenbedingungen des Projekts. Zum anderen sollte man auch im Verlauf eines Projekts nicht davor zurückschrecken, dieses abzubrechen, wenn der Einsatz für die Realisierung des Ziels schlussendlich doch zu groß erscheint.
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