Vertrauen und Kritik: Bedeutung einer lebendigen Unternehmenskultur
Das Äußern von Kritik ist eine heikle Angelegenheit. Ganz besonders gilt dies für den Unternehmensalltag. Es ist daher nicht verwunderlich, dass Führungskräfte mitunter geneigt sind, kritischen Unterredungen mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus dem Weg zu gehen. Auf diese Weise bleiben jedoch bedeutende Chancen für eine erfolgreiche Gestaltung des Unternehmens ungenutzt. Hierfür gibt es einen offensichtlichen sowie einen weniger offensichtlichen Grund.
Zunächst der offensichtliche Grund: Treten innerhalb von Unternehmensprozessen oder im zwischenmenschlichen Miteinander Schwierigkeiten auf, gilt es diese zu beheben. Als ersten Lösungsschritt gilt es bekanntermaßen, die jeweilige Problematik präzise zu benennen. Hierauf zielt gerade das Äußern von Kritik ab: Problematische Handlungsweisen werden identifiziert, woraufhin die betreffenden Personen auf den betreffenden Umstand hingewiesen werden. Entscheidend ist hierbei, dass das Vorbringen der Kritik stets mit der Absicht erfolgt, eine konstruktive Verbesserung der Situation herbeizuführen.
Für eine Verbesserung der Situation bedarf es neben der Benennung von Missständen einer weiteren Komponente. Eine effektive Behebung von Problemen erfordert eine gemeinsame Suche nach Lösungsmöglichkeiten im Sinne der Sache des Unternehmens. Eine solche kooperative Herangehensweise setzt das wechselseitige Vertrauen aller Beteiligten voraus. Im Anschluss an die Benennung von Missständen ist es daher besonders wichtig, eine gemeinsame Vertrauensbasis zu schaffen, die ein konstruktives Miteinander ermöglicht.
Mit Blick auf die Überlegungen, die die Philosophin Martha Nussbaum in ihrem Buch Zorn und Vergebung anstellt, wird deutlich, wie die Etablierung einer solchen Vertrauensbasis gelingen kann. Zuallererst sollte das Vorbringen der Kritik von einer wohlwollenden Haltung gegenüber der kritisierten Person begleitet werden, um diese als Kooperationspartner für die erfolgreiche Gestaltung des Unternehmens zu gewinnen. Darüber hinaus ist es der Vertrauensbildung zuträglich, wenn vergangene Verfehlungen nicht kleinlich sanktioniert werden und auch die Anliegen der kritisierten Person Berücksichtigung finden.
Die skizzierte Vertrauensbasis stellt nun den entscheidenden Ausgangspunkt für die Etablierung einer kritischen Unternehmenskultur dar. So bieten gerade kritische Unterredungen eine günstige Gelegenheit, die Perspektive einer erfolgreichen Gestaltung des Unternehmens aufzuzeigen. Im Sinne dieser Zielsetzung gilt es, beständig konstruktive Verbesserungen anzustreben, so dass alle Beteiligten dazu aufgefordert sind, Fehlentwicklungen in den Blick zu nehmen und ihre kritischen Eindrücke zu äußern.
Hierdurch ist nun der weniger offensichtliche Grund für eine kritische Auseinandersetzung mit problematischen Aspekten beschrieben: Neben der Behebung von konkreten Problemen liegt der Wert von Kritik insbesondere in der Etablierung einer lebendigen Unternehmenskultur. Eine lebendige Unternehmenskultur zeichnet aus, dass sich die beteiligten Akteure nicht gegenüber Problemen und Schwierigkeiten innerhalb der Organisation verschließen, sondern unter der Voraussetzung einer gemeinsamen Vertrauensbasis an konstruktiven Verbesserungen orientiert sind. Hieraus folgt für den unternehmerischen Kontext, das Äußern von Kritik über die Durchführung von Mitarbeitergesprächen hinaus mit den Chancen einer lebendigen Unternehmenskultur in Verbindung zu bringen.
Eine Bank hatte mal den Claim „Vertrauen ist der Anfang von allem“. Obwohl die Bank diesen Inhalt nie wirklich gelebt hat, bleibt er doch richtig. Ich kann mich dem Autor nur anschließen! Gut auf den Punkt gebracht.